Ich sitze in einem Café in Erlangen und beobachte die Leute, die draußen in der Fußgängerzone vorbeiziehen. Vor allem beobachte ich eine rostige Kiste mit Plexiglastüren auf zwei Seiten: ein Bücherschrank, der jedem offen steht. Eine Frau öffnet eine Tür, nimmt ein Buch heraus und setzt sich zum Lesen auf die Parkbank. Die nächste Fußgängerin wird neugierig und sucht jetzt auch nach einem Buch ihres Geschmacks. Offenbar findet sie nichts. Sie geht weiter, aber es sind schon drei weitere Stöberer vor Ort, ein Pärchen und ein Mädchen, welches gerade mit einer gefüllten Tasche vom Shoppen kommt.
Das Pärchen findet etwas in der rostigen Kiste und zieht mit zwei Büchern zufrieden weiter. Auch die Shopperin hat Glück, und lässt sich auf der Parkbank nieder, vertieft in ihre Fundstücke. Dann geht sie noch einmal zum Buchregal und blättert durch das Sortiment – wieder etwas gefunden.
Das Treiben ähnelt dem an einem Insektenhotel. Bücher werden eingestellt, herausgezogen und die rostige Kiste schützt die Bücher, bis der nächste Interessent zum Reinschauen kommt. Die Frage, die ich mir stelle: Sind es die Lesenden oder eher die Bücher selber, die sich auf eine Reise begeben? In München gibt es noch eine weitere Form des stillen Büchertausches: Hier sitzen die Leute in den U-Bahnen und lesen. Der eine oder andere lässt sein ausgelesenes Buch liegen. Er schickt es bewusst auf Reise, hinterlässt dafür einen Gruß an den nächsten Leser als Widmung im Cover. Haben Sie schon ein Buch nach Ihrem Geschmack in ihrer Stadt gefunden? Oder selbst ein Buch auf Reisen geschickt?